…wer etwas nicht will findet Ausreden.
Diesen Satz habe ich einmal in einem Buch gelesen. Keine Ahnung mehr, in welchem. Kein Wunder – es gibt Zeiten, da lese ich 3-4 Bücher gleichzeitig. Aber er ist bei mir hängen geblieben. Denn er offenbart eine Wahrheit, die wir gern vor uns verbergen möchten. Wir neigen dazu Dinge, die wir nicht möchten, nicht klar anzusprechen, sondern sie lieber als Ausrede zu tarnen. Das können wir mitunter so geschickt, dass wir uns selbst nicht mehr im Klaren darüber sind, dass hinter dieser Ausrede etwas anderes versteckt sein könnte. Ich merke es bei mir, wie schnell ich sage, ich hätte keine Zeit, obwohl ich sie habe. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch, was ich alles bereit bin zu tun für Dinge, die mir wirklich am Herzen liegen. Dann finde ich Lösungen und Möglichkeiten, egal was es mich kostet.
Wenn wir etwas wirklich wollen, dann ist uns kein Weg zu steinig oder zu schwierig. Denn es bedeutet uns etwas und ist uns wichtig. Unser Leben fordert uns geradezu heraus etwas zu riskieren. Tief in uns ist dann auch die Einsicht, egal wie es ausgehen wird – es hat sich gelohnt dafür alles in Bewegung gesetzt zu haben.
Wenn wir etwas eigentlich gar nicht wollen sieht es schon ganz anders aus. Hier müssen wir unterscheiden zwischen den Dingen, die uns bewusst sind und jenen, durch die wir unbewusst handeln. Unsere Erziehung lässt es nicht immer zu genau auszudrücken, wenn wir etwas eigentlich nicht wollen. Weder sind wir es gewohnt es deutlich auszusprechen, noch sind wir es gewohnt, etwas so deutlich gesagt zu bekommen. So greifen wir auf Ausreden zurück, denn mit ihnen können wir diplomatisch agieren, ohne uns oder andere zu verletzen. Denken wir zumindest. Denn unser Gegenüber spürt unbewusst, dass unsere Aussagen nicht der Wahrheit entsprechen.
Schwieriger wird es, wenn wir Ausreden unbewusst einsetzen. Und das kommt genau genommen eigentlich häufiger vor als der bewusste Einsatz von Ausreden. Da gibt es ganz typische „Lückenbüsser“, die herhalten müssen für unsere Ausreden: zu viel Arbeit, die Kinder sind noch zu klein, die Arbeitsmarktlage, die Finanzen, das Haus, die Gesundheit usw. Das fatale daran ist, dass unser Umfeld sich auch dahingehend eingerichtet hat und unsere Ausrede eigentlich bestätigt. So können wir uns vor Arbeit kaum retten und wissen nicht, wohin wir als erstes springen sollen. Wir haben uns nämlich unbewusst genau diese äussere Situation angezogen um ja zu vermeiden, im Inneren an uns selbst zu arbeiten. So tun wir es stattdessen lieber im Aussen. Und wir haben zudem noch eine legitime Ausrede parat, die jeder akzeptiert. Wir können uns so ganz geschickt um fällige Entscheidungen drücken, notwendige Veränderungen vor uns herschieben oder belastenden Situationen aus dem Weg gehen. Genauso funktioniert es auch mit den Kindern. „Ja, wenn die Kinder erst einmal aus dem Haus sind, dann…“ ist ein oft gehörtes Argument. Und auch das liebe Geld, das mal wieder nicht ausreichend zur Verfügung steht und uns somit daran hindert, etwas auf die Beine zu stellen. Doch was passiert, wenn die Kinder aus dem Haus sind oder genug Geld da ist? Dann ist es plötzlich die Gesundheit, die nicht mehr so mitspielt oder das Warten auf die Rente, die uns vom aktiven Handeln und von Veränderungen abhalten.
Wichtig wäre für die Zukunft bewusst festzustellen, ob wir in einer bestimmten Situation wirklich nicht in der Lage sind, etwas zu tun oder nicht zu tun oder ob wir uns einer Ausrede bedienen. Im ersteren Fall wird unser Bauchgefühl mit einem sofortigen Ja oder Nein reagieren. Das Ergebnis sollten wir auch lernen zu kommunizieren. Besonders das Nein-Sagen fällt vielen von uns schwer, denn wir haben es nicht gelernt und befürchten, dadurch abgelehnt zu werden. Doch ein klar ausgesprochener Standpunkt wirkt ehrlich und authentisch. Er kommt bei unserem Gegenüber auch ganz anders an als fadenscheinige Ausreden. Natürlich wird unsere Umwelt erst einmal verdutzt reagieren, schliesslich ist sie ein Teil unseres Systems und jede Veränderung in diesem System wird auch Auswirkungen auf jeden Einzelnen darin haben. Hier liegt aber auch ein grosses Potenzial, weil unser Handeln auch ein anderes Handeln unserer Mitmenschen nach sich ziehen wird, und wir somit einen wirkungsvollen Schlüssel für Veränderungen in unserem System besitzen.
Weit schwieriger ist die Wahrnehmung unserer unbewussten Ausreden. Sie sind ja nicht umsonst unbewusst sondern dienen dazu, genau wie Glaubenssätze oder bestimmte Erfahrungen, uns in unserer kleinen Welt zu halten und diese ja nicht bis an ihre Grenzen (und noch weniger, über diese hinaus) auszuloten. Dann tritt sofort Angst in den Vordergrund. Uns ist ja nicht einmal klar, dass wir mit Ausreden agieren, denn sie gehören bereits zu unserer Persönlichkeit dazu. Unser Bauchgefühl reagiert in solchen Situationen ebenfalls, doch wir überhören es und müssen erst lernen, es zu verstehen. Häufig ist es ein ungutes Gefühl im Bauch, als würde sich etwas zusammenziehen, es fühlt sich schwer, kalt, einengend an. Denn wir befinden uns in einer Zwickmühle zwischen dem, was unser Verstand will und dem, was unsere Seele will. Folgen wir dem Ruf der Seele, dann finden wir die Möglichkeiten. Folgen wir dem Verstand, dann benutzen wir Ausreden.
Lausche einfach mal den Gesprächen anderer. Du wirst erstaunt sein, wie oft wir uns Ausreden bedienen, die auf dem ersten Blick noch nicht einmal wie solche aussehen. Dabei liefern wir nicht nur Ausreden anderen, sondern noch viel häufiger uns selbst gegenüber. Wir versuchen damit, unser Handeln, besser gesagt unser Nichthandeln, zu rechtfertigen. Wir möchten uns einreden, wir hätten keinerlei andere Möglichkeiten und somit eine Rechtfertigung vor uns selbst, etwas nicht angehen oder verändern zu müssen. Aus diesen Gründen ist es ungemein wichtig, diese Mechanismen zu durchschauen, denn sie halten uns davon ab, die Potentiale hinter den sich uns bietenden Möglichkeiten zu erkennen und uns wirklich für die eine oder andere einzusetzen. Manche Möglichkeiten bieten sich in unserem Leben noch öfter. Doch es gibt auch Möglichkeiten, da haben wir nur einen Versuch. Wäre doch schade, wenn wir die Chance unseres Lebens mit Ausreden vergeuden würden.
In diesem Sinne – Lebe lieber Aussergewöhnlich
Deine Steffi